Öffnungszeiten: Jeden Tag 15:00 - 18:00 / Montag und am 24.12. geschlossen;

Karl Felix Wolff sah staunend das Alpenglühen, die Enrosadira. Dann hat er wahrscheinlich die Einheimischen gefragt: „Und wie nennt ihr das Licht nach der Enrosadira?“ „Risblankeda, war ihre Antwort.“ „Wenn die Sonne untergegangen ist und die Dolomitengipfel, die im Alpenglühen standen, erbleicht sind, dann zeigt sich nach einigen Minuten die Risblankeda, das Nachglühen, das man auch als Dämmerglanz bezeichnen könnte“ (Wolff, 151981, 448). So Karl Felix Wolff in seinen Dolomitensagen. Die Enrosadira ist die Wirklichkeit / die Realität, die nicht mehr sichtbar ist. Die Frage lautet: wie kann eine Form etwas zum Ausdruck bringen, das sich zeigen will, aber nicht mehr ist? Wie kann eine Realität in der Kunst sich nachklingend zeigen? Im riverbero - im Nachhall, im Widerschein, in der Rückstrahlung. Sonya Hofer will den Widerschein, den riverbero, in ihren Werken zeigen, der in der Enrosadira aufgeleuchtet hatte. Das Ursprüngliche soll sich wieder spiegeln. Ihre Werke sind eine Widerspiegelung. Es entstehen so kreative Gegenentwürfe, die den Archetypus der Enrosadira sichtbar machen sollen. Die Sonne verhält sich zum Mond wie die Enrosadira zur Risblankeda. Der Mond ist nur ein Reflex des Lichtes der Sonne. Er hat kein Eigenlicht, er spiegelt nur das Licht der Sonne wider. So erzählen auch die Werke Sonya Hofers als Risblankeda vom Licht der Enrosadira. Sie sind ein Versuch noch einmal aufscheinen zu lassen, was untergegangen ist, und zwar so, wie die Künstlerin das Untergegangene herüberzuretten vermag, womit sie ein ladinisches Gesamtkunstwerk erschafft. Das Thema dieses Verlöschens einer archetypischen Wirklichkeit, zieht sich als roter Faden durch alle 4 Räume und durch alle Werke von Sonya Hofer.
Im ersten Raum stellen die „Gitterberge“, wie die Künstlerin ihr Werk nennt, die Aufschüttung der Alpen dar. Aus dem flachen Tethys-Meer wurden die Berge herausgehoben. Die dadurch entstandenen Bergschichten sind deutlich sichtbar. Schließlich bildeten sich die jetzigen Bergformationen: Saslonch, Tofana u.v.m. Als Endphase wird deren Verfall dargestellt. Der Permafrostboden taut und alles wird sich wieder auflösen. Es handelt sich um Reliefs und Plastiken aus farbigen Tonerden. Ton ist Erde, darum ist Ton für sie der passende Werkstoff für die Auseinandersetzung mit dem Thema Berg. Die Technik, die Sonya Hofer für sich entwickelt hat, lässt unvorhersehbare Risse und Sprünge im Entstehungsprozess zu. Diese innovative Arbeitsweise wird somit zum Ausdruck ihrer Kunstidee. Im zweiten Raum tauchen die ersten Sagengestalten auf. Die Werke lassen die Figuren als Risblankeda aufleuchten, ri-splendere, die sich als Entwürfe der Künstlerin zeigen. Aus der Sage Die Quelle des Vergessens, La fontèna del omblìa, begegnen wir hier Gordo aus Moncion, der Schafhirte im Vaiolettal ist. Er prahlte damit, keine Angst vor den Hexen, stries, zu haben und versteckt sich in einem Heustadel auf Ciampedie, um in der Nacht den Hexen beim Tanz zuzuschauen. Die stries versetzen Gordo als Strafe in Trance, vijidaa, und er wächst langsam in einen Baum hinein, wo er gefangen bleibt. Das Hirtenmädchen Vinela kann mit der Hilfe eines Nusshäher, giajola, Gordo befreien. Er bekränzt sie mit dem cendalin und sie gehen bis zur Quelle des Vergessens, trinken daraus und leben bis ans Ende der Welt und der Zeit bei den Saligen, vivenes. Im dritten Raum öffnet sich noch einmal die Zeit, in der die Alpen noch der Karibik ähnelten. Riesenmuscheln und Schnecken lagerten sich nach ihrem Tod auf dem Meeresgrund ab und bildeten mit dem Gesteinsschutt eine Schicht, die diese Kalkschalen zu festem Sedimentgestein werden ließen. Über diese „verletzlichen“ Fossilien aus Ton schreibt Sonya Hofer: „Ich versetze mich in die Rolle der Betrachterin und der Interpretin und zeige auf diese sensible Welt.“ Und wieder begegnen wir dem Langkofel, nun in seiner typischen Gestalt mit Wolke, also nicht in der grödnerischen Version als: Saslonch iel mé un, ciapel n’al degun, Langkofel gibt es nur einen, Hut hat er keinen.
Im vierten Raum treffen wir erneut auf Sagengestalten. Wenn man „durch die Felsenöde einen wildhallenden Schrei“ hört (Wolff, 151981, 483), ist es Spina de Mul, das Maultier-Gerippe. Spina de Mul ist ein mächtiger und gefährlicher Zauberer, der die Gestalt eines halbverwesten Maultieres annimmt, wenn er auf Fanes umherwandert. Die Wandbilder erzählen die Sage der Samblana. Die Winterfürstin wird wegen ihrer Verschwendungssucht auf den Antelao verbannt, wo ihr Schleier ins Gletschereis hineinwächst. Da bereute sie ihre Härte und will Gutes tun. Sie nimmt kleine ungetauft gestorbene Mädchen bei sich auf, die ihre Schleppe aus dem Eis heben können. Zwei Zwillingsschwestern, jumblines, werden ihre Botinnen und warnen die Menschen vor Gefahren. Sie schenken ihr einen blauen Stein, aus dem die Fürstin einen Spiegel anfertigt, mit dem sie das Licht der Wintersonne bis in die letzten Talwinkel hineinlenken kann. Das ist der blaue Strahl, der rai der Samblana, an dem „die Menschen Licht und Schatten unterscheiden und erkennen, ob sie Wahres oder Falsches” tun. (Pichler, 1992, 21). Wiederum geht es um Licht und Widerschein, also um eine Analogie zum Verhältnis zwischen Enrosadira und Risblankeda.

Text: Rut Bernardi

SONYA HOFER (*1948, Klausen) war eine der ersten auswärtigen Schülerinnen an der Staatlichen Kunstlehranstalt, Istituto d’Arte, Scola d’Ert in St.Ulrich. Anschließend unterrichtete sie bis 2002 Kunsterziehung an der Mittelschule Klausen. Sie arbeitet heute als freischaffende Künstlerin, Porträtistin und Kunstvermittlerin im Ansitz Griesbruck in Klausen. Seit 1971 hat Sonya Hofer zahlreiche Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen in Italien und im Ausland bestritten. 1980 veröffentlichte sie das Buch „In Klausen leben“. Im Stadtmuseum Klausen eröffnete sie 1992 die Ausstellungstätigkeit der neuen Museumsgalerie mit der Sonderschau „Portraits und Landschaften“. Anlässlich des Umbaus der Mittelschule Klausen 2008 – 2009 erhielt sie den Auftrag für die Farbberatung und künstlerische Gestaltung der Fassade des Gebäudes. Im Jubiläumsjahr 2008, anlässlich der 700 Jahre Klausen, präsentierte sie im Rahmen einer Sonderausstellung eine Auswahl ihrer Porträts unter dem Titel „Das Gesicht verrät die Stimmung des Herzens“. 2013 koordinierte sie die Monographie und die Gedächtnisausstellung Lesley de Vries (1926-2012) in Klausen. Sie nahm an vier Ausgaben (2013, 2015, 2019, 2021) des Kunstevents 50x50x50 ART SÜDTIROL der Gemeinschaftsausstellung zeitgenössischer Kunst in der Festung Franzensfeste teil. 2016 beteiligte sie sich als Mitglied des SKB an der Jubiläumsausstellung Garten / Giardino 70 Jahre / Anni Südtiroler Künstlerbund in der Hofburg Brixen. 2021 wurde ihre Einzelausstellung im Stadtmuseum Klausen mit dem Titel „Dolomiten / Dolomiti“ präsentiert. Als Klausner Künstlerin war ihr die Kunstvermittlung und die Sichtbarmachung des geschichtlichen und künstlerischen Erbes der Stadt immer ein großes Anliegen. Aus diesem Grund ist sie seit 2018 im Stiftungsrat TINNE für Kunst, Kultur und Bildung tätig, dessen Ziel die Realisierung eines neuen Museums in Klausen ist.

Öffnungszeiten: Jeden Tag 15:00 - 18:00 / Montag und am 24.12. geschlossen;

Karl Felix Wolff sah staunend das Alpenglühen, die Enrosadira. Dann hat er wahrscheinlich die Einheimischen gefragt: „Und wie nennt ihr das Licht nach der Enrosadira?“ „Risblankeda, war ihre Antwort.“ „Wenn die Sonne untergegangen ist und die Dolomitengipfel, die im Alpenglühen standen, erbleicht sind, dann zeigt sich nach einigen Minuten die Risblankeda, das Nachglühen, das man auch als Dämmerglanz bezeichnen könnte“ (Wolff, 151981, 448). So Karl Felix Wolff in seinen Dolomitensagen. Die Enrosadira ist die Wirklichkeit / die Realität, die nicht mehr sichtbar ist. Die Frage lautet: wie kann eine Form etwas zum Ausdruck bringen, das sich zeigen will, aber nicht mehr ist? Wie kann eine Realität in der Kunst sich nachklingend zeigen? Im riverbero - im Nachhall, im Widerschein, in der Rückstrahlung. Sonya Hofer will den Widerschein, den riverbero, in ihren Werken zeigen, der in der Enrosadira aufgeleuchtet hatte. Das Ursprüngliche soll sich wieder spiegeln. Ihre Werke sind eine Widerspiegelung. Es entstehen so kreative Gegenentwürfe, die den Archetypus der Enrosadira sichtbar machen sollen. Die Sonne verhält sich zum Mond wie die Enrosadira zur Risblankeda. Der Mond ist nur ein Reflex des Lichtes der Sonne. Er hat kein Eigenlicht, er spiegelt nur das Licht der Sonne wider. So erzählen auch die Werke Sonya Hofers als Risblankeda vom Licht der Enrosadira. Sie sind ein Versuch noch einmal aufscheinen zu lassen, was untergegangen ist, und zwar so, wie die Künstlerin das Untergegangene herüberzuretten vermag, womit sie ein ladinisches Gesamtkunstwerk erschafft. Das Thema dieses Verlöschens einer archetypischen Wirklichkeit, zieht sich als roter Faden durch alle 4 Räume und durch alle Werke von Sonya Hofer.
Im ersten Raum stellen die „Gitterberge“, wie die Künstlerin ihr Werk nennt, die Aufschüttung der Alpen dar. Aus dem flachen Tethys-Meer wurden die Berge herausgehoben. Die dadurch entstandenen Bergschichten sind deutlich sichtbar. Schließlich bildeten sich die jetzigen Bergformationen: Saslonch, Tofana u.v.m. Als Endphase wird deren Verfall dargestellt. Der Permafrostboden taut und alles wird sich wieder auflösen. Es handelt sich um Reliefs und Plastiken aus farbigen Tonerden. Ton ist Erde, darum ist Ton für sie der passende Werkstoff für die Auseinandersetzung mit dem Thema Berg. Die Technik, die Sonya Hofer für sich entwickelt hat, lässt unvorhersehbare Risse und Sprünge im Entstehungsprozess zu. Diese innovative Arbeitsweise wird somit zum Ausdruck ihrer Kunstidee. Im zweiten Raum tauchen die ersten Sagengestalten auf. Die Werke lassen die Figuren als Risblankeda aufleuchten, ri-splendere, die sich als Entwürfe der Künstlerin zeigen. Aus der Sage Die Quelle des Vergessens, La fontèna del omblìa, begegnen wir hier Gordo aus Moncion, der Schafhirte im Vaiolettal ist. Er prahlte damit, keine Angst vor den Hexen, stries, zu haben und versteckt sich in einem Heustadel auf Ciampedie, um in der Nacht den Hexen beim Tanz zuzuschauen. Die stries versetzen Gordo als Strafe in Trance, vijidaa, und er wächst langsam in einen Baum hinein, wo er gefangen bleibt. Das Hirtenmädchen Vinela kann mit der Hilfe eines Nusshäher, giajola, Gordo befreien. Er bekränzt sie mit dem cendalin und sie gehen bis zur Quelle des Vergessens, trinken daraus und leben bis ans Ende der Welt und der Zeit bei den Saligen, vivenes. Im dritten Raum öffnet sich noch einmal die Zeit, in der die Alpen noch der Karibik ähnelten. Riesenmuscheln und Schnecken lagerten sich nach ihrem Tod auf dem Meeresgrund ab und bildeten mit dem Gesteinsschutt eine Schicht, die diese Kalkschalen zu festem Sedimentgestein werden ließen. Über diese „verletzlichen“ Fossilien aus Ton schreibt Sonya Hofer: „Ich versetze mich in die Rolle der Betrachterin und der Interpretin und zeige auf diese sensible Welt.“ Und wieder begegnen wir dem Langkofel, nun in seiner typischen Gestalt mit Wolke, also nicht in der grödnerischen Version als: Saslonch iel mé un, ciapel n’al degun, Langkofel gibt es nur einen, Hut hat er keinen.
Im vierten Raum treffen wir erneut auf Sagengestalten. Wenn man „durch die Felsenöde einen wildhallenden Schrei“ hört (Wolff, 151981, 483), ist es Spina de Mul, das Maultier-Gerippe. Spina de Mul ist ein mächtiger und gefährlicher Zauberer, der die Gestalt eines halbverwesten Maultieres annimmt, wenn er auf Fanes umherwandert. Die Wandbilder erzählen die Sage der Samblana. Die Winterfürstin wird wegen ihrer Verschwendungssucht auf den Antelao verbannt, wo ihr Schleier ins Gletschereis hineinwächst. Da bereute sie ihre Härte und will Gutes tun. Sie nimmt kleine ungetauft gestorbene Mädchen bei sich auf, die ihre Schleppe aus dem Eis heben können. Zwei Zwillingsschwestern, jumblines, werden ihre Botinnen und warnen die Menschen vor Gefahren. Sie schenken ihr einen blauen Stein, aus dem die Fürstin einen Spiegel anfertigt, mit dem sie das Licht der Wintersonne bis in die letzten Talwinkel hineinlenken kann. Das ist der blaue Strahl, der rai der Samblana, an dem „die Menschen Licht und Schatten unterscheiden und erkennen, ob sie Wahres oder Falsches” tun. (Pichler, 1992, 21). Wiederum geht es um Licht und Widerschein, also um eine Analogie zum Verhältnis zwischen Enrosadira und Risblankeda.

Text: Rut Bernardi

SONYA HOFER (*1948, Klausen) war eine der ersten auswärtigen Schülerinnen an der Staatlichen Kunstlehranstalt, Istituto d’Arte, Scola d’Ert in St.Ulrich. Anschließend unterrichtete sie bis 2002 Kunsterziehung an der Mittelschule Klausen. Sie arbeitet heute als freischaffende Künstlerin, Porträtistin und Kunstvermittlerin im Ansitz Griesbruck in Klausen. Seit 1971 hat Sonya Hofer zahlreiche Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen in Italien und im Ausland bestritten. 1980 veröffentlichte sie das Buch „In Klausen leben“. Im Stadtmuseum Klausen eröffnete sie 1992 die Ausstellungstätigkeit der neuen Museumsgalerie mit der Sonderschau „Portraits und Landschaften“. Anlässlich des Umbaus der Mittelschule Klausen 2008 – 2009 erhielt sie den Auftrag für die Farbberatung und künstlerische Gestaltung der Fassade des Gebäudes. Im Jubiläumsjahr 2008, anlässlich der 700 Jahre Klausen, präsentierte sie im Rahmen einer Sonderausstellung eine Auswahl ihrer Porträts unter dem Titel „Das Gesicht verrät die Stimmung des Herzens“. 2013 koordinierte sie die Monographie und die Gedächtnisausstellung Lesley de Vries (1926-2012) in Klausen. Sie nahm an vier Ausgaben (2013, 2015, 2019, 2021) des Kunstevents 50x50x50 ART SÜDTIROL der Gemeinschaftsausstellung zeitgenössischer Kunst in der Festung Franzensfeste teil. 2016 beteiligte sie sich als Mitglied des SKB an der Jubiläumsausstellung Garten / Giardino 70 Jahre / Anni Südtiroler Künstlerbund in der Hofburg Brixen. 2021 wurde ihre Einzelausstellung im Stadtmuseum Klausen mit dem Titel „Dolomiten / Dolomiti“ präsentiert. Als Klausner Künstlerin war ihr die Kunstvermittlung und die Sichtbarmachung des geschichtlichen und künstlerischen Erbes der Stadt immer ein großes Anliegen. Aus diesem Grund ist sie seit 2018 im Stiftungsrat TINNE für Kunst, Kultur und Bildung tätig, dessen Ziel die Realisierung eines neuen Museums in Klausen ist.